Was bin ich wert?

Interview mit Petra Wolkenstein Verhandlungsexpertin von Konsultori

Sie ist nicht nur die Gründerin von Konsultori, Petra Wolkenstein ist auch im Training und der Beratung von UnternehmerInnen aktiv. Sie ist Verhandlungstrainerin bei Female Founders, hält Workshops beim Female Future Festival und ist Teil der AAIA Digital Investors Academy – Female Edition. Sie bereitet die UnternehmerInnen auch auf schwierige Verhandlungen in Einzelgesprächen vor, begleitet sie während des gesamten Prozesses. Obwohl sie sich auf Start-ups aus dem Technologie-Sektor spezialisiert hat, befragten wir sie nun zum Thema Verhandlungsführung für Frauen. Wer könnte da besser Tipps geben? Wir zeigen auch Möglichkeiten zum Weiterlernen auf.

Wie sind Sie zu einer professionellen Verhandlungsführerin geworden, wo hat diese Reise begonnen?

Schon als Kind lernt man zu verhandeln. Wenn man im Vergleich zu allen anderen immer in der schwächeren Position ist, lernt man schnell, mit der Stärke anderer umzugehen. Man muss sich überlegen, wie man die Dinge bekommt, die man will. Ich habe relativ früh gelernt, zu argumentieren, um als jüngstes Familienmitglied ein paar meiner Wünsche erfüllt zu bekommen.

Bevor ich mein eigenes Unternehmen Konsultori gründete, war ich mehr als zehn Jahre im Finanzsektor tätig. Bei einem der größten österreichischen Telekommunikationsunternehmen in der Abteilung „Mergers and Acquisitions“. Dabei geht es um den Kauf und Verkauf von Unternehmen. Ich hatte GeschäftsführerInnen auf der anderen Seite des Tisches sitzen und war involviert, den Wert von Unternehmen zu verhandeln. Obwohl es eine harte Schule war, habe ich zugleich meine Begeisterung für Verhandlungstaktik entdeckt. Danach habe ich an der Yale University und in Harvard eine Reihe von Schulungen zu den verschiedenen Verhandlungstaktiken absolviert.

Jetzt verwende ich mein Know-how mit Leidenschaft für meine eigenen KundInnen bei Konsultori. Verhandeln ist eine Mischung aus Intuition, Methode und viel Praxis. Die Methode, dieses grundlegende Rüstzeug, kann trainiert werden. Man kann sie auch mit Unterstützung einer Expertin im eigenen Projekt erlernen: Es ist wie eine Operation am offenen Herzen, spannend und erfolgsorientiert. Nicht aufgeben, dranbleiben und die Ergebnisse werden besser und besser!

Wie kann es gelingen, das Gefühl zu überwinden, weniger qualifiziert, weniger erfahren, weniger überzeugend zu sein und daher auch nur eine niedrigere finanzielle Entlohnung „verdient“ zu haben?

Sind Frauen schwache VerhandlungspartnerInnen? Nach meiner Erfahrung ist dies ein nicht haltbares Klischee. Wir führen viele Verhandlungstrainings mit Start-ups durch, mit sehr diversen Gruppen von TeilnehmerInnen. Alle verhandeln die gleiche Fallstudie. Manche weiblichen Verhandlungsführerinnen behaupten zu Beginn des Kurses, sie seien nicht gut im Verhandeln. Aber wenn man sich die Verhandlungsergebnisse ansieht, ist das oft nicht der Fall. Ihre Selbsteinschätzung hat manchmal nichts mit der Realität zu tun, und die weiblichen Fachkräfte müssen sich dessen bewusst sein.

Wie kommt man aus diesem Gefühl heraus? Es gibt mehrere Möglichkeiten, Konsultori bietet auch „Confidence Building“ als Teil unseres Verhandlungstrainings an. Haben Sie ein mulmiges Gefühl, wenn Sie sich auf eine schwierige Verhandlung vorbereiten müssen? Lassen Sie sich von Ihrer unmittelbaren Umgebung herausfordern: Trainieren Sie mit Menschen, die Ihnen vertraut sind. Wie könnten die Fragen lauten? Berücksichtigen Sie die Sichtweise der anderen Seite, üben Sie schwierige Situationen. Hilfreich ist es auch, sich darüber klar zu werden, was Sie in früheren Verhandlungen tatsächlich erreicht haben und was in dieser Verhandlung aus der Vergangenheit argumentiert werden kann. Sie können dies auch aufschreiben und öfters visualisieren.

Wie verhandle ich (abgesehen von betriebswirtschaftlichen Grundlagen) als Selbstständige den Preis für meine Leistungen?

Der Preis wird aus wirtschaftlichen Gründen festgelegt: was machen die Mitbewerber, was sind die eigenen Kosten, was kann sich der Kunde leisten. Typische Situation: Sie schreiben ein Angebot, dann kommen die Kunden zurück und sagen, sie wollen verhandeln, sie wollen einen niedrigeren Preis. Wenn Sie nun den Preis reduzieren, bedeutet das, dass das Produkt vielleicht nicht so viel wert ist? Dass Sie den Preis vielleicht zu hoch angesetzt haben? Das ist eine klare Botschaft an die andere Seite, die Sie vermeiden möchten. Ich rate davon ab, nach unten zu verhandeln. Hat der potenzielle Kunde ein niedrigeres Budget? Dann müssen Sie das Projekt umstrukturieren. Machen Sie das Produkt kleiner, damit es im Budget bleibt. Hat jemand ein konkurrierendes Angebot und ist dieses niedriger? Dann müssen Sie hinterfragen, was die Mitbewerber anbieten. Sie können auch weitere Leistungen hinzufügen, sodass der Kunde für den gleichen Preis mehr bekommt. Aber es ist wirklich keine gute Idee, sich zu einem reduzierten Preis verhandeln zu lassen, denn das führt dazu, dass man seine eigene Leistung weniger bewertet.

Außerdem funktioniert es ganz gut, wenn man nicht nur einen Preis nennt, sondern drei verschiedene Pakete anbietet: großes Paket, mittleres Paket, kleines Paket. Dann kann sich die Kundin aussuchen, was sie möchte, und dann kommt man nicht so leicht in diese Preisdiskussion.

Bei Konsultori arbeiten wir mit Start-ups und kleinen und mittleren Unternehmen an einem breiten Spektrum von Wachstumsfragen, Strategie, Finanzen und Organisationsdesign. Wir unterstützen auch bei der Umsetzung. Unsere Mission ist es, vielen Unternehmen Zugang zu ExpertInnen zu verschaffen. Deshalb haben wir auch unsere eigene Konsultori-Akademie. Hier können sich UnternehmerInnen in Selbstlernkursen zügig Wissen aneignen, das wirklich von ExpertInnen stammt. Die TrainerInnen der Akademie haben alle gut 20 Jahre Berufserfahrung, sind also „durch und durch“ Praktiker.

Was sind Ihre Top-Tipps für die nächste Verhandlung?

Eines der größten Aha-Erlebnisse in unseren Trainings ist die Unterscheidung zwischen „Off the Table“-Verhandlungen und „On the Table“-Verhandlungen.

Ersteres bedeutet, dass viel in der Vorbereitung, rund um die Verhandlung, passiert und nicht erst, wenn man tatsächlich in der Verhandlung sitzt. Das ändert aber das Ergebnis massiv. Deshalb dieser ganze Themenkomplex: Wie bereite ich mich vor, was sind meine Verhandlungsspielräume, was sind die Knackpunkte, usw.? Erst dann kommt die Taktik: wenn man wirklich dasitzt.

Die Vorbereitung im Vorfeld ist wichtiger, als man denkt: Was habe ich wirklich in der Hand?

Vergessen Sie auch nicht, dass Sie selbst in schwierigen Verhandlungssituationen die Verhandlung unterbrechen oder vertagen können. Dadurch gewinnen Sie Zeit und verschaffen sich Überblick oder holen sich zusätzliche Expertise dazu.

INTERVIEW MIT PETRA WOLKENSTEIN | Konsultori